Liebe Mitmenschen, liebe Dhammafamilie,
am 24. Februar 2023 hat sich der entsetzliche Krieg gegen die Ukraine gejährt. Zu diesem traurigen Anlass durfte ich in der Nürnberger Lorenzkirche als Repräsentantin des Bodhi-Baum-Zentrums Fürth einige Worte sprechen, auch im Beisein von Marcus König und Marcus Söder.
Die buddhistische Nonne Pema Chödrön sagte einmal:
„Wir ziehen nicht hinaus, um die Welt zu retten: wir ziehen hinaus, um uns zu fragen, wie es anderen Menschen geht und darüber nachzudenken, wie sich unsere Taten auf die Herzen anderer Menschen auswirken.“
Heute stehe ich hier und stelle die Frage, wie es wohl den Menschen aus Russland in Deutschland geht, die solidarisch mit der Ukraine und trotzdem unseren Vorurteilen ausgesetzt sind.
Unzählige dieser russischen Menschen stellen sich gegen den Krieg in der Ukraine, haben möglicherweise Freunde und Verwandte durch ihre Solidarität verloren und begeben sich aufgrund ihrer Haltung selbst auch noch in Gefahr. Bitte lassen Sie uns alle heute über Vorurteile nachdenken.
Es hat mich zum Beispiel selbst verletzt, wenn ich im Ausland war und mir Vorurteile aufgrund meiner Nationalität entgegengeschlagen sind. Als Deutsche wurde ich im Ausland mit dem Holocaust und den damit verbundenen Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. Es war verletzend, mich für etwas rechtfertigen zu müssen, für das ich nichts konnte. Umso mehr hat es mein Herz berührt, als ich jüdische Freunde im Ausland gefunden hatte, die mir mit offenen Herzen und offenen Arme begegnet sind und die mich wie ein Familienmitglied behandelt haben (und es noch tun). Wir konnten in tiefen und wertschätzenden Gesprächen unsere Herzen öffnen und über alles reden: auch über den Holocaust und den damit verbundenen Kriegsverbrechen. Die Mutter meines jüdischen Freundes musste aus Deutschland fliehen und dieser Freund legte mir Worte ins Herz, die ich in mir trage und weitergebe: „Es gibt immer einen Silberstreifen am Horizont.“
Diese Worte wurden ein Teil meines Herzschlages. Heute möchte ich dieses Wohlwollen und diese Güte, die ich als Deutsche durch meine jüdischen Freunde erfahren habe, an die Menschen aus Russland weitergeben, die sich gegen diesen Krieg in der Ukraine stellen, die mit den Menschen aus der Ukraine leiden und die vielleicht sogar ihr Leben riskieren, weil sie den Mut haben, Unrecht zu benennen. Ich möchte diese Worte all den Friedensstiftern widmen, die ohne Vorurteile Brücken von Herz zu Herz bauen.
Ihr seid der Silberstreifen am Horizont, von dem mein jüdischer Freund redet und ich danke Euch dafür!
Mögen alle Wesen in Frieden leben.
Eure Claudia